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IndIgestIble portIons 2011
MATERIALS:
wood, framed collages
size variable
EXHIBITION:
TILL HUMAN VOICES WAKE US AND WE DROWN
Gallery Winiarzyk, Vienna, A
Velten Wagner, 2011
Wer der bildnerischen Wirklichkeit der neuesten Arbeiten von Daniel Domig begegnet, wird in ein Zwischenreich von Traum und Wachheit ein- tauchen. Das legt nicht nur der Titel der Ausstellung nahe, die letzte Verszeile des 1910/11 von T.S. Eliot geschriebenen Gedichts "The Love Song of J. Alfred Prufrock". Das Gedicht handelt von einem Grenzgänger zwischen Leben und Tod, gesellschaftlich konfektioni-erter Wirklichkeit und einer mit dem inneren Auge geschauten Wahrheit. An der Nahtstelle ihres Zusammentreffens entsteht ein Span- nungsverhältnis, das vermeintliche Gewiss heiten in ihr Gegenteil verrücken kann. So kann die Imagination in vitale, schöpferische Tiefen führen, während das Auftauchen inmit- ten des Lebens einem Todesurteil gleichkom- mt: Dem Ertrinken in einem Meer wohlmeinender Konventionen und gespreizter Banalitäten, fern von jeder existenziellen Wirklichkeit.
Wie aber sähe eine Welt aus mit Poren, die durchläs- sig wären für Erfahrungen beidseitig jener von Ängsten besetzten Grenze?; die jene Grenze als Potenzialraum für alles Werdende und Gewordene und noch Ungestalte betrachten könnte?
Eben das zeigt Daniel Domig, wenn er Malerei und Raumobjekte zu einer Installation, körperlich und mental erfahrbare Außen- und Innenräume zu Konstellationen zwischen Figuration und Abstraktion verdichtet. Diese Körper-Bild-Raum – Verschränkungen mögen auf den ersten Blick hermetisch, in sich abgeschlossen wirken, sol- ange jedenfalls, wie der Betrachter auf seinem Standpunkt verharrt. Gerät er dann aber in Bewegung (in Augen-, in Blick-, in Körperbewegung), um in einen persönlichen Bezug zu jenen bildräumlich inspirierten Figurationen zu treten, werden sie sich ihm traumwandlerisch wie von selbst erschließen. Denn die Geschichten und Dramen, die Daniel Domig erzählt, handeln von Körpern und ihren Zergliederungen, handeln von Räumen und ihren Tiefenschichtungen, handeln von Figuren, deren Gestaltung stets das Ungestalte, im Werden Begriffene anhaftet.
In He Knows Not His Soul wird eine Vielgestalt aus Gliedmaßen und Köpfen gezeigt, deren Eigen- bezugs-Muster ein Transzendieren der eigenen Befindlichkeit verweigert. In Members fügt sich das Gliedmaßen-Pattern zu Sprossen einer Art Himmelsleiter. Die von oben und unten zuein- ander reichenden Arme und Hände greifen zwar nicht ineinander, verbinden sich aber dennoch über eine fiedrig leicht gebaute Brücke zu einem aus Himmlischem und Irdischem gespeisten Zeugungsakt. Der Titel einer weiteren Arbeit: I like You, you like Me, this can Work, könnte als etwas salopper Kommentar dazu dienen. Auch hier geht es um die Verbindung zweier Sphären, Prinzipien, Geschlechter, Hälften oder Profile: einem rotäugig - Gefiederten und einem dem Pflanzenreich Entsprossenen, mit wulstigen Lippen und Augenbrauen. Als Gesamtbild ergeben sie eine Art Vexierbild aus zwei Teilen, die gemeinsam ein prekäres, vom möglichen Ausein- anderfallen stets bedrohtes Ganzes ergeben.
Die im Raum stehende, Raum einnehmende und Raum schaffende Scherenschnitt-Skulptur Indigestible Portions greift diese Prinzipien der (flächig-illusionistisch- en) Malerei auf und veranschaulicht sie im Dreidimensionalen. Die Aussparungen schaffen ex negativo Räume, die durch schwarze Silhouetten umgrenzt, hinterfangen, konter- kariert werden. Doch geht es Daniel Domig auch hier keines- wegs um ein bloß ästhetisches Spiel mit Negativ- und Positivfor- men. Die Flächen kippen in den Raum, das Abstrakte konkretisiert sich zur Figuration, und auch hier entstehen Antagonismen, Span- nungsverhältnisse, Grenzüberschreitungen und Grenzverbindungen, die bildhaft unmittelbar erlebbare Erfahrungsräume öffnen. Domigs Gestal- tungen treten aus den tiefreichenden Gründen des unterbewusst -Seelischen heraus, scheinen sich zu enthüllen, um im gleichen Moment wie- der zurückzutreten, sich zu verhüllen, sich einzulagern in ein kollektives Bildgedächtnis, in ein Zwischenreich von Traum und Wachheit.
RESOURCES (what is this?)
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No! I am not Prince Hamlet, nor was meant to be;
Am an attendant lord, one that will do
To swell a progress, start a scene or two,
Advise the prince; no doubt, an easy tool,
Deferential, glad to be of use,
Politic, cautious, and meticulous;
Full of high sentence, but a bit obtuse;
At times, indeed, almost ridiculous—
Almost, at times, the Fool.
I grow old … I grow old …
I shall wear the bottoms of my trousers rolled.
Shall I part my hair behind? Do I dare to eat a peach?
I shall wear white flannel trousers, and walk upon the beach.
I have heard the mermaids singing, each to each.
I do not think that they will sing to me.
I have seen them riding seaward on the waves
Combing the white hair of the waves blown back
When the wind blows the water white and black.
We have lingered in the chambers of the sea
By sea-girls wreathed with seaweed red and brown
Till human voices wake us, and we drown.
from The Love Song of J. Alfred Prufrock
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